Advent einmal wörtlich genommen

Es ist vier Tage vor Weihnachten. Wenn ich die Haustür hinter mir schließe, habe ich von Tag zu Tag mehr das Gefühl, dass eine große Katastrophe bevorstehen muss, deren Warnung ich wohl nicht mitbekommen habe. An den Kassen drängeln sich Menschen, die Supermarktregale wirken wie geplündert, Autos stauen sich vor Parkhäusern, und der Wettkampf um den letzten freien Parkplatz am Rand der Innenstadt ist noch nicht entschieden. Alle Jahre wieder...

 

Für mich nicht. Nicht in diesem Jahr. So entspannt, seelenbaumelig und gechilled, wie meine Kinder sagen, war die Vorweihnachtszeit für mich schon seit vielen Jahren nicht mehr. Ich hatte beschlossen, mich von all dem Trubel und der Hektik, vom Plätzchenbackenmüssen und Adventskranzschmücken, vom Weihnachtsmarktgedrängel und Kaufrausch fernzuhalten und in diesem Jahr einfach mal nichts zu tun. Meine Kinder waren erst entsetzt, haben sich inzwischen jedoch damit abgefunden und ihren eigenen persönlichen Weihnachtsmarkt im Kinderzimmer veranstaltet, mit Weihnachts-CDs und selbstgebastelten Geldscheinen. Auch unser minimalistischer "Adventskranz" wird inzwischen geschätzt und nahezu täglich neu dekoriert. Wir haben Plätzchen gegessen, die wir geschenkt bekommen hatten, und unseren Kinderpunsch selbst gemacht. Statt vieler Geschenke schenken wir einander Zeit - ein Gut, dass heutzutage nahezu unbezahlbar geworden ist. Wie sehr habe ich es genossen, in den vergangenen Wochen viel Zeit zu haben, um mit Freunden zu telefonieren, um mit ihnen einen Adventsspaziergang zu machen oder Pläne für gemeinsame Vorhaben zu schmieden. Zeit, um meiner Tochter in Kanada ein liebevoll gestaltetes Überraschungspaket zu schicken und um unserem bolivianischen Patenkind ein paar Bilder und einige Zeilen von Herzen zu schicken.

Wie schön war es, Zeit für die Kinder zu haben. Nachmittage zu verbummeln, Spiele zu spielen, miteinander über das zu sprechen, was uns im Herzen bewegt. Wir haben den Weihnachtsmarkt vor Ort antizyklisch besucht - wenn die wenigsten Menschen anwesend waren - und Crêpes genossen, ohne vorher in einer Warteschlange zu stehen.

Was für ein Geschenk war es, mit mir zu sein. Endlich die Bücher zu lesen, die mich schon lange faszinierten, meine Herzenswünsche zu spüren und meinen Bedürfnissen nachzugeben, wenn sie sich meldeten, statt sie auf 'später' oder 'irgendwann' zu vertrösten. Wir hatten alle miteinander in der für die meisten unserer Mitmenschen so stressigen Adventszeit tatsächlich Advent - Zeit zum Ankommen. Zum Ankommen bei uns. Zum Ankommen in der Liebe. Zum Ankommen in Gott. 

Simplify your life - radikal. Back to the roots. Den Christus in uns wieder fühlen, ihm Raum geben, im Alltag Ausdruck verleihen. Das Fest der Liebe findet nicht nur einmal im Jahr statt. Für die Liebe gibt es jeden Tag einen Grund zum Feiern, jeden Tag gibt es Gelegenheit, um den Christusgeist durch unser Handeln sichtbar zu machen. Und wenn Du nur zum Telefonhörer greifst und einem Herzensmenschen sagst, wie dankbar Du bist, dass er ein Teil Deines Lebens ist. Ich verspreche Dir: Du und der andere, Ihr werdet nicht mehr dieselben sein.

 

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